Schwerbehinderte und diesen gleichgestellte Beschäftigte genießen einen besonderen Kündigungsschutz. Dieser soll eventuelle Nachteile für diese Personengruppen ausgleichen, führt aber nicht dazu, dass Schwerbehinderten und diesen Gleichgestellten nicht gekündigt werden kann.

  • Zustimmung des Integrationsamtes

Ein Arbeitgeber, der die Kündigung eines Schwerbehinderten beabsichtigt, muss vor Kündigungsausspruch beim Integrationsamt einen Antrag auf Zustimmung zur Kündigung stellen (vgl. § 85 SGB IX). Nach § 91 Abs. 4 SGB IX soll das Integrationsamt die Zustimmung erteilen, wenn die Kündigung aus einem Grund erfolgt, der nicht im Zusammenhang mit der Behinderung steht. Das Integrationsamt führt keine arbeitsrechtliche Vorprüfung durch. Es prüft vielmehr, ob die Kündigungsgründe mit der Behinderung des Menschen im Zusammenhang stehen und daher besondere Anforderungen an die Interessensabwägung zu stellen sind.

Das vorherige Zustimmungserfordernis besteht für alle Kündigungen, also sowohl für die fristgerechte oder fristlose Kündigung als auch für jede Änderungs- oder Beendigungskündigung. Die Kündigung eines schwerbehinderten Beschäftigten ohne die Zustimmung des Integrationsamts ist unwirksam.

Im Jahr 2015 konnten nach Abschluss des Zustimmungsverfahrens jeder fünfte Arbeitsplatz fortgeführt werden (vgl. BIH Jahresbericht 2015/2016, S. 49). Dies bedeutet auch, dass in rund 80% der Fälle das Arbeitsverhältnis beendet worden ist.

  • Voraussetzungen des Kündigungsschutzes

Der Sonderkündigungsschutz für Schwerbehinderte greift jedoch erst nach einer sechsmonatigen Dauer des Arbeitsverhältnisses (vgl. § 90 SGB IX). Ist zum Zeitpunkt der Kündigung die Schwerbehinderteneigenschaft des zu Kündigenden nicht nachgewiesen oder konnte das Versorgungsamt nach Ablauf der Frist des § 69 Abs. 1 S. 2 SGB IX eine Feststellung wegen fehlender Mitwirkung nicht treffen, besteht kein Sonderkündigungsschutz (§ 90 Abs. 2a SGB IX). Um den besonderen Kündigungsschutz beanspruchen zu können, muss der Arbeitnehmer bis zur Kündigung mindestens einen Antrag auf Feststellung der Schwerbehinderung bzw. auf Gleichstellung gestellt und seinen Mitwirkungspflichten im Antragsverfahren entsprochen haben. Etwas anderes gilt nur, wenn die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber offensichtlich ist, der Schwerbehinderte den Arbeitgeber über seine körperlichen Beeinträchtigungen informiert und ihn über die beabsichtigte Antragstellung auf Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft unterrichtet hat.

Hat der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Kündigung bereits einen Antrag auf Feststellung der Schwerbehinderung bzw. auf Gleichstellung gestellt, braucht er dies dem Arbeitgeber nicht mitzuteilen. Allerdings verwirkt er seinen Sonderkündigungsschutz, wenn er den Arbeitgeber nicht innerhalb einer 3-Wochen-Frist über die entsprechende Antragstellung informiert.

Kein Sonderkündigungsschutz wird gewährt, wenn der Schwerbehinderte das Arbeitsverhältnis selbst kündigt. Gleiches gilt , wenn das Vertragsverhältnis mit dem Schwerbehinderten einvernehmlich beendet wird oder wegen einer Arbeitsvertragsbefristung durch Zeitablauf endet.